Heike Marquardt

Eröffnungsrede " Neue Mitglieder BBK 2009", Bunker 38, Bremen

von Tanja Malycheva, Kunsthistorikerin

 

"...Sehr geehrte Damen und Herren,

nach ihrem Studium an der Hochschule für Künste Bremen(1999-2005), wurde Heike Marquardt Meisterschülerin von Prof. Jean-François Guiton, sowie ein Jahr später Gaststudentin an der Universidad de Complutense Madrid(ucm.es) in der Malereiklasse von Mariano de Blas. Bereits seit dem Jahr 2000 war die Künstlerin mit ihren Werken in verschiedenen Ausstellungen vertreten.

Im Mittelpunkt ihres Interesses steht der Mensch mit seiner Kleidung und Verkleidung, die als eine Art "Überkörper" fungiert und eine Veränderung der Wahrnehmung des Dargestellten bewirkt. Die intensive Auseinandersetzung mit den Fragen 'wo fängt die Kleidung an, wo hört der Körper auf', beschäftigt die Künstlerin. Die Figuren in Marquardts Bildern sind unruhig, beweglich und oft tanzend.

Durch die Verzerrung von Proportionen, merkwürdigen Körperdrehungen, aufwändigen überdimensionalen Barockfrisuren und historisch anmutenden Gewändern wirken diese Gestalten skurril und wie in einem Rollenspiel gefangen.

Der Hintergrund ist ein besonderer Raum, eine Art Kulisse, um die eine Handlung im Bild aufgebaut wird und die Stimmung sowie die 'Rollen' der jeweiligen Figuren verdeutlicht und charakterisiert. Bunte Farbigkeit, aufwändig ornamentale Flächen und reich verzierte Gegenstände wie Möbel, Musikinstrumente und Stoffe, erinnern an dekorative Gemächer und Interieurs an Bühnen und Schlössern.

Diese Ästhetik wird gesteigert, wenn die Malerin direkt auf historischen Stoffen arbeitet oder ebensolche Stoffe als collagierte Elemente in ihre Werkgruppen hineinsetzt. Vor diesen Gemälden, wird der Betrachter mit einer Reihe an Interpretationsmöglichkeiten konfrontiert: Theater, surrealer Raum, sinnbildhafter und phantastischer Raum .

In der Arbeit "Tanzraum", der zu der aufgeführten Serie der Stoffleidenschaften gehört, wird der Betrachter angesichts der übereinander gestapelten Regenschirme genau so verblüfft wie vor Rene Margrittes "Mann mit Melone"(1964).

Schließlich zeige sich "die Kraft und der Ausdruck eines Werkes", so die Künstlerin, oft zunächst in einem "Nicht-Sofort-Verstehen", und in dem Entdeckungsvermögen seitens des Betrachters. In Ihrer Arbeit "Picassos Raum", welche als Homage an einen der größten Maler des vergangenen Jahrhunderts entstand, verschränkt die Künstlerin die einzelnen Bildebenen und kokettiert mit den symbolhaltigen Images, wie der feurig spanischen Flamenco-Tänzerin, wuchernden Fantasieblumen, und überdimensionalem Hut, und nicht zuletzt mit dem Titel des Bildes selbst.

Diese Attribute erscheinen jedoch nur im ersten Moment als Schlüssel zum Verständnis des Werkes, vielmehr fungieren sie als Andeutungen, die im Betrachter Neugierde, Unruhe und Verlangen nach Bedeutung wecken sollen.

Zugleich schlägt Heike Elisabeth Marquardt mit solchen Attributen einen Bogen zu der Malerei der Renaissance und des Barocks, die ebenso auf eine versteckte Symbolik in Form von Blumen oder Tieren zurückgreifen. Die barockhaften Gewänder, auf die selbst die Prinzessin Margarita in dem berühmten Gemälde "Die Hoffräulein"- "Las Meninas", von Diego R. Velázquez neidisch geworden wäre, bilden einen Bezug zu jenen Zeiten, als die Kleider mit der jeweiligen Statuszugehörigkeit überdeutlich einhergingen.

Das Grundprinzip von Marquardts Schaffen, ist das Überschreiten von Grenzen. Sie springt in das Genre von Zeichnung, Collage und Malerei, sowie von der Tanz,- zu der Bildenden Kunst. Ihre Bild-Kompositionen bewegen sich traumartig surreal zur Wirklichkeit, sogleich auch zwischen dem Körper und seinem Textil. Und-last but not least- sprengen ihre Bilder den ihnen vorgegebenen Rahmen. "